2016-05-21 18.05.25Ein in zart-blaues Licht getauchter Raum empfing die erwartungsvollen Besucher, die Aegidius Kluth vom Alsfelder Literaturbrunnen zur Veranstaltung ‚South of the border’ am Samstag, den 21.5.2016 im Antiquariat Buchbasalt begrüßen konnte. Ein Raum, der in der folgenden Stunde gefüllt wurde mit Pianoklang und dem Gesang von Sabine Dietrich sowie mit Sequenzen aus dem Roman  ‚Südlich der Grenze, westlich der Sonne’ von Haruki Murakami, vorgetragen von Andrea König.

Wie ein Bild in zart-blau erscheint auch die Welt des zwölfjährigen Hajima und seiner gleichaltrigen Freundin Shimamoto in den wenigen aus dem ersten Kapitel des Romans ausgewählten Szenen des Werkes des japanischen Erfolgsautoren.  Im Zentrum des Eingangskapitels stehen vor allem die Begegnungen der beiden Heranwachsenden beim gemeinsamen Hören von Musik im elterlichen Wohnzimmer. Eine geheimnisvolle Welt erwachender Gefühle füreinander, die Murakami vom erwachsen gewordenen Protagonisten selbst folgendermaßen beschreiben lässt:IMG_1869

„Noch heute erinnere ich mich genau, wie ihre Hand sich angefühlt hatte. Ganz anders als jede Berührung, die ich damals kannte und später kennenlernte….Während dieser zehn Sekunden hatte ich das Gefühl, ganz und gar ein kleiner Vogel zu sein. Ich konnte mich hoch in die Lüfte schwingen, den Wind spüren und von hoch oben die Landschaft weit unter mir sehen. Ich war zu hoch, um alles deutlich erkennen zu können. Aber ich spürte, dass dort etwas war und ich eines Tages dort hingelangen würde. Diese Erkenntnis nahm mir den Atem und ließ mein Herz erzittern.“

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So wie Musik in den genannten Szenen des Romans, darunter auch der namensgebende Song ‚South of the border’ von Nat King Cole, eine wesentliche Rolle spielt, so bildeten auch die von Sabine Dietrich ausgewählten Songs mehr als nur den Rahmen für die Lesung.

Beginnend mit ‚Falling slowly’ von Marketa Irglova, über ‚speechless’ von Lady Gaga, ‚Washing of the water’ von Peter Gabriel bis hin zu den eindrücklichen deutschsprachigen Titeln ‚Keine Angst mehr’ von Wir sind Helden und dem abschließenden ‚Wunder geschehn’ von Nena spannte die Sängerin aus Lauterbach einen besonderen musikalischen Bogen über das von Murakami’s Worten gemalte Bild einer beginnenden, das ganze Leben prägenden Beziehung zweier Menschen.

Einer Beziehung, die sich allerdings im weiteren Verlauf des Romans als die selbstzerstörerische Illusion und Obsession eines immer einsam gebliebenen Menschen entpuppen wird.

Andrea König und Sabine Dietrich haben in ihrer Veranstaltung bewußt nur einen kleinen Ausschnitt des bekannten und auch umstrittenen Werks des preisgekrönten japanischen Autoren in den Blick genommen. Einen Ausschnitt, der dessen Gefühl für Sprache, seine feine Beobachtungsgabe und die seinen Werken eigene Faszination für (abgrund-)tiefe, über die objektive Realität hinausweisende Erfahrungen im Leben aufscheinen lässt.

 

 

 

Written by Aegidius